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The Making of „Träume aus Licht“: Teil 1

Die Idee zum Roman

 

 

Der Moment der Inspiration ist etwas Magisches. Eine geniale Idee, die dich plötzlich anspringt und vor Euphorie Luftsprünge machen lässt – so oder so ähnlich stellt man sich das meistens vor.

 

Bei meinem aktuellen Roman gab es jedoch nicht diesen einen Moment, es gab kein einzelnes Aha-Erlebnis. Stattdessen waren es mehrere, ganz unterschiedliche Gedanken und Ideen, die mich jahrelang beschäftigten, während ich andere Bücher schrieb. Vermutlich warteten sie auf den richtigen Zeitpunkt.

 

Ich weiß noch, wie mir meine Oma einmal eine Schachtel voller alter Filmschnipsel gezeigt hat, die mein Opa vor vielen Jahren von der Arbeit mitgebracht hatte. Er war Filmvorführer im ehemaligen Walhalla-Kino in Wiesbaden. Meine Oma kannte noch sämtliche Schauspieler, die man auf den Filmstreifen sah – allesamt Namen, von denen ich im zarten Alter von fünfzehn noch nie etwas gehört hatte, die aber zu ihrer Zeit große Stars gewesen waren.

 

Etwa zu dieser Zeit gastierte auch das Musical „Sunset Boulevard“ von Andrew Lloyd Webber in der Nähe von Wiesbaden. Noch heute besitze ich die CD mit der Originalaufnahme und kriege jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ich mir Helen Schneiders Songs anhöre. Einer davon heißt übrigens „Träume aus Licht“ (ich muss zugeben, bei der Auswahl des Buchtitels habe ich mich davon inspirieren lassen 😉). Das aufwendige Programmheft ordnete die Handlung des Musicals in den historischen Kontext ein. Dass die gesamte Filmwirtschaft durch die Einführung des Tonfilms Ende der 1920er eine radikale Zäsur erlebte, war mir bis dahin überhaupt nicht bewusst gewesen. Ganze Kinoorchester wurden arbeitslos und gleichzeitig viele Schauspieler, deren Stimmen sich aus den unterschiedlichsten Gründen nicht für den Tonfilm eigneten. Eine ganze Ära ging quasi über Nacht zu Ende – die Ära des Stummfilms.

 

Irgendwann in den späten Neunzigern lief der Film „Metropolis“ in irgendeinem dritten Programm. Die Tatsache, dass es hierzulande zur Zeit der Weimarer Republik so aufwendige Produktionen gegeben hatte, richtige Blockbuster, die bis heute Hollywood beeinflussen, faszinierte mich. Damals stand in der Programmzeitschrift, die im Fernsehen gezeigte Version des Films sei nur eine unvollständige, stark gekürzte Fassung. Das Original sei deutlich länger gewesen, doch es sei verschollen. Nanu, dachte ich. Wie kann denn ein so berühmter Film einfach so verschollen sein? Später las ich mich in die Thematik ein und musste feststellen, dass heutzutage ein Großteil des einstigen Stummfilmbestands nicht mehr existiert. Viele berühmte und erfolgreiche Filme gelten als unwiederbringlich verloren. So zum Beispiel auch „Der Weg allen Fleisches“ mit dem Schauspieler Emil Jannings, der für seine Rolle darin sogar den allerersten Oscar als männlicher Hauptdarsteller erhielt.

 

Als dann 2008 die Meldung durch die Presse ging, dass eine vollständige Kopie der originalen Metropolis-Fassung in einem Archiv in Buenos Aires aufgetaucht sei, ließ mich das aufhorchen. Wie gebannt verfolgte ich 2010 die Fernsehübertragung der Kinopremiere im Berliner Friedrichstadtpalast. Es klang fast wie ein Märchen: Der Film war digital restauriert worden, mit sämtlichen herausgeschnittenen und verloren geglaubten Szenen. 83 Jahre nach ihrer Uraufführung lief die ungekürzte Originalfassung von „Metropolis“ erstmals wieder im Kino – und langsam reifte ein Gedanke in mir heran: Ein verschollener Stummfilm wäre doch ein faszinierendes Thema für einen Roman …

 

Bis es aber wirklich dazu kam, dass ich diese Idee in die Tat umsetzte, war es für mich noch ein weiter Weg mit vielen Hindernissen. Im zweiten Teil des Artikels erzähle ich dir mehr darüber.